Geschichte

Die Baptistengemeinde Lübeck ist - geschichtlich betrachtet - mit ihrem Gründungsjahr 1849 eine der ältesten im Norddeutschen Raum. Zwar waren bereits zur Zeit der Reformation (ab 1532) 'Täufer' als Glaubensflüchtlinge in die Freie und Hansestadt Lübeck gelangt. Zu einer Gemeindegründung kam es jedoch damals nicht, denn die 1531 erlassene lutherische 'Lübecker Kirchenordnung' verbot ganz rigoros die Betätigung anderer Glaubensgemeinschaften in der Stadt.

 

Ähnliche Situationen gab es zu der Zeit fast überall in Europa. Deshalb wanderten in den folgenden Jahrzehnten viele Täuferfamilien nach Nord- und Südamerika sowie nach Russland aus. In England entstand dann 1608 der Name einer neuen Gemeindebewegung, deren Anhänger sich 'baptists' (= Täufer) nannten.

 

Die erste Baptistengemeinde in Deutschland wurde 1834 von dem gebürtigen Ammerländer Johann Gerhard Oncken gegründet. Er und seine Mitarbeiter waren von einem großen missionarischen Eifer geprägt, so dass es ihnen gelang, bis 1849 schon rund ein halbes Hundert an Gemeinden und Predigtplätzen nach dem Muster der Hamburger Gemeinde in Deutschland und Dänemark zu begründen.

Erleichtert wurde diese Ausbreitung des Baptismus durch das Ausrufen der Religionsfreiheit hier im Lande als Folge der Revolution von 1848, und Johann Gerhard Oncken hat zur Ausbreitung des Täufertums neuer Prägung in Deutschland und Europa einen entscheidenden Beitrag geleistet

Baptisten Lübeck

1847 missionierte Oncken zum ersten Mal in Lübeck öffentlich in einer Schule, über das Ergebnis wissen wir jedoch nichts. Im Protokollbuch der von Oncken gegründeten Hamburger "Gemeinde getaufter Christen" ist aber vermerkt, dass am 10. Mai 1849 der Uhrmachermeister Johann Rebers aus Lübeck in der Hamburger Kapelle getauft wurde. Die nächsten erwähnten Getauften waren am 23. September 1849 die Ehefrau Catharina Rebers, am 30. September die Tochter R. Rebers sowie der Kupferschmiedemeister Jacob Daniel Hamann. Auch diese Taufen, sowie eine weitere im Oktober 1849, fanden in Hamburg statt.Damit ist nachgewiesen, dass es seit 1849 hier in Lübeck eine kleine Gruppe von Menschen gab, die auf das Bekenntnis ihres Glaubens getauft waren. Diese Gruppe war die Keimzelle der Baptistengemeinde Lübeck, so dass wir mit Recht das Jahr 1849 als Gründungsjahr betrachten können. Rechtlich blieb die Gemeinde zunächst noch eine Zweiggemeinde von Hamburg.

 

In den ersten Jahren ihres Bestehens entwickelte die Gemeinde unter ihrem ersten Prediger Johann Hinrich Lorders große missionarische Aktivitäten, die sich auch in die Umgebung Lübecks erstreckten. So wird berichtet, dass gut besuchte Evangelisations-Veranstaltungen in Ratekau, Schwartau, Schürsdorf, Klein- und Groß-Timmendorf, Sarkwitz und Kattenhöhlen stattgefunden haben. Besonders erfolgreich war die Arbeit in Oldenburg, denn 1853 hatte die dort begründete Station, Keimzelle der heutigen Gemeinde, schon 20 Mitglieder.

 

Von einer öffentlichen Taufe in der Wakenitz berichtete die Lübecker Zeitung 'Volksbote' im April 1854. Nach diesem Ereignis kam es angeblich zu Protesten und Verfolgungen aus der Bevölkerung. Der Bürgermeister sicherte zwar Polizeischutz zu, wünschte aber, dass die Versammlungen künftig auf die Gemeinderäume beschränkt blieben. Daraufhin wurden die Taufen in einer privaten Badeanstalt an der Wakenitz durchgeführt.

Selbständigkeit

1921 wurden der Baptistengemeinde vom Senat der Freien und Hansestadt Lübeck die Körperschaftssrechte verliehen, und 1922 erfolgte schließlich durch die Hamburger Muttergemeinde die Entlassung in die Selbständigkeit.Jetzt wurden auch neue Aktivitäten sichtbar. Ein Gemischter Chor wurde gegründet, der Gottesdienstbesuch nahm zu.

 

Evangelisationen führten ab 1923 zu einem erfreulichen Gemeindewachstum, so dass in diesem Jahr schon 72 Mitglieder zu verzeichnen waren. 1924 wird zum ersten Mal eine Allianz-Gebetswoche erwähnt, die wir zusammen mit der Landeskirchlichen Gemeinschaft durchführten. Für das Jahr 1925 wurde erstmalig ein Jahresetat aufgestellt und eine Unterstützungskasse ,,auf dem Boden des Vereinsrechts" gegründet. 1927 gründete sich ein Frauenverein, und auch die Jugendarbeit kam voran. In diesem Jahr wurde die Gasbeleuchtung im Versammlungssaal gegen elektrisches Licht ausgewechselt.

1930/31 geriet die Gemeinde infolge der Wirtschaftskrise in große finanzielle Schwierigkeiten, so dass dem Prediger nicht einmal das vereinbarte Gehalt gezahlt werden konnte. 1931 zählten 101 Mitglieder zur Gemeinde, von denen aber nur 54 in Lübeck wohnten. Die anderen kamen aus der näheren und weiteren Umgebung, z.B. aus Mölln, Neustadt/Holstein, Havighorst und Güstrow (Mecklenburg).

Kriegszeiten

Die Protokollbücher der nächsten Jahre geben nur wenig Berichtenswertes wieder. Mehrere Brüder wurden nach dem Kriegsbeginn 1939 zum Wehrdienst eingezogen, und ab Juni 1941 stellte die Gemeinde die Bibelstunden wegen des häufigen Fliegeralarms ein. 1941/1942 mussten sich die deutschen Baptistengemeinden unter politischem Druck mit anderen Freikirchen zum Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden zusammenschließen. Seitdem trägt die Lübecker Baptistengemeinde die Bezeichnung 'Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Lübeck (Baptisten)'. 1944 hatte die Gemeinde 107 Mitglieder.

 

Nach dem 2. Weltkrieg kamen aus den deutschen Ostgebieten viele Flüchtlinge nach Lübeck, unter denen auch viele Glaubensgeschwister waren. So stieg bis 1947 die Zahl der Gemeindeglieder sprunghaft auf 502 an. Der Chor hatte zu dieser Zeit 43 Sänger, in die Sonntagsschule kamen 75 - 120 Kinder, und die Jugendgruppe umfasste 85 Mitglieder. Die Jahre unmittelbar nach dem Krieg brachten viel äußere Not und Entbehrung. Dennoch war diese Zeit für die Gemeinde eine Zeit des neuen Aufbruchs und des Wachstums. In mehreren Evangelisationen, die in Schulen oder Zelten stattfanden, haben viele Menschen den Weg zu Jesus Christus gefunden. So entstanden neue Gruppen in der Gemeinde, und von Lübeck aus wurden die neu gebildeten Stationen Travemünde, Eichholz, Gothmundlager, Rangenberg, Havighorst, Arfrade und Bad Schwartau betreut. Die Arbeit in Bad Schwartau gestaltete sich so erfolgreich, dass diese Stationsgemeinde am 8.2.1948 mit 122 Gliedern ihre Selbständigkeit als Bundesgemeinde erhielt. 3 Jahre später erfolgte die Grundsteinlegung für eine eigene Kapelle.
1950 wurde im Steinlager Eichholz eine Sonntagsschule gegründet, Hauskreise trafen sich in Travemünde sowie in einer Baracke in der Josephinenstraße, und regelmäßige Gottesdienste fanden in der Schule Rangenberg und im Gothmundlager statt.

Gemeindebau


Die Versammlungen fanden zunächst im Haus eines Gemeindemitglieds in der Schwönekenquerstraße 25 statt (1851-1852).

 

 Als die Gemeinde langsam, aber stetig wuchs, mietete man im Laufe der folgenden Jahrzehnte nacheinander größere Räume an, so in der Dankwartsgrube 35 (1852-1880), in der Fischstraße 7-9 (1881-1882) und in der Mengstraße 44 (1882-1907).

 

1907 war es schließlich möglich, das Altstadthaus Große Altefähre 7 (1907 - 1954) zu erwerben. Das Gebäude wurde zweckmäßig umgestaltet, unter anderem entstanden eine Kapelle, Gruppenräume und eine Kastellanswohnung.

 

Trotz verschiedener baulicher Erweiterungen im Haus Große Altefähre reichten die vorhandenen Räume jetzt nicht mehr aus. Deshalb entschloss man sich 1952, das Haus und Grundstück Roeckstraße 2 zu kaufen und dort eine Kirche mit einem modernen Gemeindehaus zu errichten. In einem 1. Bauabschnitt baute man 1953 eine Prediger- und eine Kastellanswohnung ein. Am 9.5.1954 wurde der Grundstein für die 'Friedenskirche' gelegt, und nach 5-monatiger Umbauzeit entstand aus dem denkmalgeschützten Haus und einem hinzugefügten Kapellenanbau ein schönes Gotteshaus, das am 3. Oktober 1954 eingeweiht werden konnte. Im selben Jahr (1954) verkaufte die Gemeinde das Haus in der Großen Altenfähre an die Christliche Gemeinschaft Eben-Ezer.

 

Im Gebiet Rangenberg-Siems entstand 1956 für die dort lebenden Gemeindeglieder eine neue Kapelle, die am 2. Dezember 1956 eingeweiht wurde und den Namen 'Köbner-Kapelle' erhielt. Bedauerlicherweise wurde das Grundstück (Travemünder Landstraße 167) und die Kapelle 1965 ein Opfer der Straßenplanung für die Autobahnauffahrt Lübeck-Siems und musste verkauft werden. Ein Ersatzgrundstück wurde nicht gefunden.

 


Die Gemeindearbeit in Lübeck erlebte weiteren Zuwachs als Ergebnis intensiver Missions- und Evangelisationsarbeit. Erinnert werden soll hier an die Evangelisationen 'GLAUBE 71, -72, -73 und -74'. Bei diesen gut besuchten Veranstaltungen kamen viele Menschen zum Glauben an Jesus Christus. Die Gruppenarbeit nahm zu, so dass die zwei Gruppenräume im Hause nicht mehr ausreichten. Das vorhandene Gebäude war also auch zu klein geworden, und man dachte an einen Neubau. So entschlossen sich die Verantwortlichen 1973 nach eingehenden Beratungen, den alten Kapellenanbau abzureißen und in Verbindung mit dem denkmalgeschützten Vorderhaus einen modernen Neubau zu errichten. Am 20./21. Oktober 1973 konnte dann das neue Gemeindezentrum mit 750 Sitzplätzen, 13 Gruppenräumen und einer Küche feierlich eingeweiht werden.

 

Im Stadtteil Eichholz lag die Stationsarbeit der Gemeinde Lübeck seit 1946 unter dem besonderer Segen des Herrn. Die kontinuierliche Sonntagsschularbeit ab 1950 fand ihre Fortsetzung 1978 -1986 mit jährlichen Zelt-Evangelisationen. Durch diese missionarischen Aktivitäten fanden viele Menschen zum Glauben, und so ergab sich hier auch bald die Notwendigkeit, einen eigenen Versammlungsraum zu schaffen. 1986 erwarb die Lübecker Gemeinde ein geeignetes bebautes Doppelgrundstück an der Brandenbaumer Landstraße, auf dem durch größere Veränderung der vorhandenen Bausubstanz die 'Paulus-Kapelle' entstand. Am 8. Juni 1986 war der Aussendungs-Gottesdienst für 70 Geschwister, die nun begannen, in ihrem Stadtteil Gemeinde zu bauen. Schon 1988 erlangte die Gemeinde Lübeck-Eichholz die Selbständigkeit innerhalb unseres Bundes. Heute hat diese Gemeinde einen hohen Anteil von Aussiedlern, besonders Russlanddeutschen, die hier ihre geistliche Heimat gefunden haben.

 

Im Raum Rangenberg - Kücknitz hat sich nach einer intensiven Hausgemeindearbeit und einigen erfolgreichen Zelt-Evangelisations-Veranstaltungen eine Gruppe überwiegend junger Menschen gebildet, die schon bald das Ziel hatte, eine Zweiggemeinde in Anlehnung an die Muttergemeinde zu bilden. Ein wichtiger Schritt dazu war, 1989 auf dem Gelände der Schule Roter Hahn 2 Schulpavillons anzumieten, in denen die regelmäßigen Veranstaltungen abgehalten werden konnten. Doch schon bald reichte dieses Provisorium nicht mehr aus. Deshalb beschloss der Vorstand der Friedenskirche 2006, von der Landeskirche das inzwischen nicht mehr genutzte Gebäude St. Johannes II in der Hüttenstraße in Herrenwyk anzumieten. 2008 erwarb die Friedenskirche das Grundstück. Mit großer Eigenleistung bauten die Geschwister in Kücknitz es zu einem Gemeindezentrum Zweiggemeinde Lübeck-Kücknitz um. Die Einweihung erfolgte 2009.

 

 

1992 schließt sich der Kreis von der Reformationszeit bis hin zur Gegenwart: Der Senat der Hansestadt Lübeck hat auf Antrag der Gemeinde die am Kirchengrundstück vorbeiführende Straße 'Täuferstraße' benannt und so den Täufern der Reformationszeit ein spätes Denkmal gesetzt.